Das Ngoun Fest: Ein lebendiges Erbe der Bamoun
Derzeit befinden sich zwei Teammitglieder von City of Ubuntu Austria in Kamerun.
Wir, Bernadette und Jean de Dieu, werden das Team in Kamerun in den kommenden Monaten verstärken und berichten hier über die aktuellen Entwicklungen vor Ort.
Am vergangenen Wochenende hatten wir das Privileg, ein außergewöhnliches kulturelles Ereignis zu erleben: das Ngoun Fest in Foumban, das 2023 von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt wurde. Obwohl es bereits die 548. Ausgabe war, markierte dieses Festival auch die erste Feier mit dem neuen Sultan, der 2022 den Thron bestieg.
Foumban, die Heimat der Bamoun, hat eine beeindruckend lange Geschichte. Das Volk ließ sich hier 1394 nieder und blickt auf ein reiches kulturelles Erbe zurück. Ein Highlight dieser Geschichte lässt sich im Nationalmuseum von Foumban entdecken, wo das kulturelle Erbe der Bamoun eindrucksvoll dargestellt wird, einschließlich ihrer verschiedenen religiösen Traditionen. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Bamoun mehrmals ihre Religion gewechselt, was ihre Anpassungsfähigkeit und Offenheit gegenüber verschiedenen Glaubensrichtungen zeigt.
Die Bamoun sind ein großes Künstlervolk, das seine Kreativität an jeder Straßenecke zum Ausdruck bringt. Besonders auffällig sind die Kunstwerke, die das kulturelle Leben in Foumban prägen.
Doch die Bedeutung der Bamoun geht über ihre Kunst hinaus – ihre Gesellschaft ist auch durch ein einzigartiges politisches und kulturelles System geprägt, das von der Rolle des Mfon (Sultans) als kulturellem Oberhaupt bestimmt wird. Obwohl der Mfon kein offizielles politisches Amt innehat, übt er einen enormen kulturellen Einfluss aus und wird von seinem Volk hoch respektiert.
Das Ngoun Fest, das alle zwei Jahre stattfindet, ist ein bedeutendes Ereignis im Leben der Bamoun. Es dauert drei Tage und bietet eine Gelegenheit, die sozialen und politischen Fragen des Volkes zu thematisieren und den Zustand des Königreichs zu überprüfen. Inmitten dieses Festes wird auch das „Tribunal des Königs“ abgehalten – ein ritualisierter Prozess, bei dem der Mfon sich den Beschwerden und Sorgen seines Volkes stellt.
Das Tribunal des Königs ist ein zentrales Element des Ngoun Festes und symbolisiert den Dialog zwischen dem Herrscher und seinem Volk. Es beginnt mit der feierlichen Vorbereitung, bei der die königliche Garde, die Königsfamilie und der Adel in einer beeindruckenden Prozession auf den Marktplatz vor der Zentralmoschee einziehen.
Schließlich zieht das hohe Gericht – bestehend aus der geheimen Gesellschaft und dem Höchstrichter – ein, und zwei Lanzen werden in die Erde gestoßen: das heißt, dass das Gericht tagt.
Der Mfon muss anschließend alle seine königlichen Insignien ablegen und in der Sonne stehen um sich die Anklagen seines Volkes anzuhören.
Die Repräsentanten des Volkes, die in traditioneller Kleidung vor den Richter treten, bringen ihre Beschwerden vor: Fehlverhalten einiger Adliger, der Verlust von traditionellem Wissen über medizinische Pflanzen und die Zerstörung von Bäumen in Zeiten des Klimawandels. Ein humorvolles Thema, das immer wieder aufgegriffen wird, ist die Tatsache, dass der Mfon nach drei Jahren immer noch nur eine Frau hat – „Ist die Königin nicht schon müde, wenn sie alleine den Couscous (Maisbrei) für das ganze Volk kochen muss?“
Nach der Anhörung folgt das Urteil des Höchstrichters, der dem Mfon für seine Verdienste um das Volk Anerkennung zollt und ihm erlaubt, weiter zu regieren.
In seiner Dankesrede betont der Mfon die Bewahrung des kulturellen Erbes und den Kampf gegen die Folgen des Klimawandels. Er fragt sein Volk, ob ihm jemals eine potenzielle Gattin im Palast vorgestellt worden sei, was den Humor und die Nähe zwischen dem Herrscher und seinem Volk widerspiegelt.
Das Ngoun Fest ist mehr als nur eine Feier: Es ist ein Ausdruck der sozialen Kohäsion, der Verantwortung und der Resilienz der Bamoun. Mit einer Geschichte von über 600 Jahren fördert es Werte wie Freiheit der Meinungsäußerung, Verantwortung und Demut. Diese Rituale sind nicht nur ein bedeutendes kulturelles Erbe, sondern auch ein Modell für den Dialog zwischen der Führung und der Gemeinschaft.
Ein besonderes Highlight war heuer, dass der Repräsentant der UNESCO zum Dank der Aufnahme in das immaterielle Weltkulturerbe in den Adelsstand erhoben wurde. Ein weiterer Ausdruck der Offenheit dieses Volkes und des Bewusstseins um die Wichtigkeit des Erhalts der Kultur.
Wer mehr über das Ngoun erfahren möchte, kann dies auf der offiziellen UNESCO-Seite nachlesen.
Liebe Grüße aus Yaoundé,
Jean de Dieu, Bernadette und das Team von City of Ubuntu Cameroon